Erste Hilfe für deine Selbstführung

1. Schalte mal einen Gang zurück

Mit den zahllosen aufwühlenden Nachrichten, die wir tagtäglich erhalten, erfahren wir eine permanente und vor allem negative Reizüberflutung. Innere Unruhe, Stimmungsschwankungen und Schlafstörungen sind erste Anzeichen, dass unser Nervensystem stark angestrengt ist. Gerade jetzt ist es wichtiger denn je, achtsam zu sein, bewusst Pausen zu machen. Gehe beispielsweise in der Mittagspause an die frische Luft und erfreue dich an den blühenden Bäumen und Sträuchern. Genieße eine Tasse Kaffee oder Tee, bevor du dich wieder deinen Aufgaben widmest. Über den Tag verteilt helfen dir mehrere kleine Pausen, leistungsfähig zu bleiben.

Vor kurzem habe ich einen Coaching-Klienten gefragt, ob seine Probleme gelöst wären, wenn er jeden Tag zwei Stunden mehr arbeiten würde. Er verneinte und entgegnete, dass dann andere Probleme auftreten würden. Ergo: Höre am Abend bewusst auf zu arbeiten, denn die Arbeit hört nicht auf. Ich empfehle dir, den Arbeitstag mit einem kleinen Feierabendritual zu beschließen. Achte darauf, dass du ihn immer positiv beendest, indem du eine kleine Aufgabe abschließt. Beispielsweise kannst du noch eine Mail beantworten oder einen letzten Termin vereinbaren. Danach planst du die wichtigsten To-Dos für den kommenden Tag und räumst deinen Arbeitsplatz auf, so dass du am nächsten Tag direkt durchstarten kannst. Diese Routine hilft, um mit gutem Gefühl den Arbeitstag abzuschließen und nach Feierabend den Kopf frei zu haben.

2. Vermeide negative Zeiträuber außerhalb deines Einflussbereichs

Kennst du den „Circle of Influence” von Stephen Covey? Seine Botschaft lautet, du sollst deine Zeit nicht mit Problemen verschwenden, die außerhalb deines eigenen Einflussbereichs liegen. Denn das raubt Zeit und macht unglücklich.
Ich verstehe nur zu gut, dass es insbesondere für lösungsorientierte Macher:innen nur schwer auszuhalten ist, aktuell nichts tun zu können. Doch politische Entscheidungen und Konflikte in der Welt kannst du derzeit nicht ändern. Du kannst dich über sie informieren, aber leider nur wenig bis gar nichts ausrichten.
Bitte verstehe mich nicht falsch. Mir geht es nicht darum, dass du Ereignisse, die du nicht beeinflussen kannst, für den Schein einer „glücklichen heilen Welt“ komplett ignorieren sollst. Mir liegt daran, dass du lernst, Dinge gedanklich loszulassen, die außerhalb deines Einflussbereichs liegen. Denn sie rauben dir nicht nur deine Zeit, sondern wirken sich negativ auf deine Stimmung aus. Das momentan viel zitierte „Doomscrolling“, das exzessive Konsumieren negativer Nachrichten im Internet, hat beispielsweise nachgewiesene negative Folgen für die Psyche. Gib einem Problem außerhalb deines Einflussbereichs nicht grenzenlos Raum, sondern strebe nach pragmatischen Lösungen innerhalb deiner Einflusssphäre.

3. Stelle Dich ein auf das, was kommen kann

Eine Strategie, die auch mir in Lebenskrisen oder schwierigen Arbeitsphasen geholfen hat, ist, mich gedanklich ganz bewusst auf das einzustellen, was eventuell passieren kann, was auf mich, auf mein Team, auf das Projekt, auf das Unternehmen in bestimmten Situationen zukommen kann. Die Psychologie spricht hier von einer Bewältigungsstrategie, dem sogenannten Coping. Was bedeuten beispielsweise Lieferengpässe für mein Unternehmen? Wie wirken sich steigende Energiekosten und generell steigende Kosten auf den Betrieb aus? Wie realistisch ist es, dass ich keine Mitarbeitenden mehr finde? So kannst du deine eigenen Wenn-dann-Szenarien und deine eigenen Strategien entwickeln, um mit so einer Situation umzugehen. Auch Probleme, die möglicherweise nicht gleich gelöst werden können, können dadurch einen neuen Bezugsrahmen erhalten.

4. Kümmere dich um deine Mitarbeitenden

Aktuell braucht es mehr denn je den Dialog mit deinen Mitarbeitenden. Solltest du beim Lesen denken: „Puh, wann soll ich das denn noch machen? Hier brennt es an allen Ecken und Enden“, dann gebe ich dir einen Leitsatz mit auf den Weg, der mich schon sehr lange begleitet. „Immer, wenn du meinst, du hast keine Zeit für Kommunikation, ist es gerade dann höchste Zeit!“ Angesichts der aktuellen Lage sind wir derzeit alle verunsichert, traurig, ängstlich bis hin zu desillusioniert-depressiv. Klar kannst du als Führungskraft deinen Mitarbeitenden die Ängste und Sorgen nicht gänzlich nehmen, aber du kannst diese wahrnehmen und sie vor allem ernst nehmen. Und das ist wichtig!

5. Ändere die Reihenfolge in Meetings

Hand aufs Herz, um was geht es in 80 Prozent der Meetings? Um Zahlen und Prozesse und um damit verbundene Probleme. Keine Frage, diese Themen sind wichtig, aber noch wichtiger sind die Menschen, denn sie können die Probleme lösen und die Zahlen bestenfalls optimieren. Daher empfehle ich dir, die Reihenfolge der Agenda künftig folgendermaßen zu ändern: Erst der Mensch, dann die Prozesse und abschließend die Zahlen. Let’s give it a try!

6. Verlasse das Tal des Jammerns

Auch in weniger angespannten Zeiten gibt es Menschen, die mehr jammern als andere. Da reichen schon Kleinigkeiten wie der leere Bohnenbehälter in der Kaffeemaschine, Papierstau im Drucker oder das ausverkaufte Lieblingsessen in der Kantine und die Stimmung ist im Keller. Wer ständig jammert, lässt der negativen Energie freien Lauf. Das Gehirn erkennt ein Muster, das es in ähnlichen Situationen wieder abruft. Das spart unnötigen Aufwand und ist unheimlich effizient. Und wir haben eine neue Gewohnheit: Das Granteln, wie der Bayer sagt. Nach einer Weile sind laut Wissenschaftler:innen die Neuronen im Gehirn so vernetzt, dass die Gedanken automatisch die negative Richtung einschlagen. Und fertig ist die Abwärtsspirale des Denkens.

Es gibt einen ganz einfachen Weg, das Jammertal wieder zu verlassen. Er heißt Dankbarkeit. Du kannst dein Gehirn wieder umpolen, indem du dir die kleinen und großen Dinge in deinem Leben bewusst machst, für die du dankbar bist. Mir hilft beispielsweise das Führen eines Dankbarkeitstagebuchs. Hier notiere ich täglich, wofür ich dankbar bin. Wenn ich keine Lust zum Aufschreiben habe, dann gehe ich in eine Kurzmeditation und bin in Gedanken bei den Erlebnissen oder Tatsachen, für die ich dankbar bin.

Übertragen auf die Führungsarbeit bietet es sich beispielsweise an, dass du mit Fragen deine Mitarbeitenden dafür sensibilisierst, was gut gelaufen ist. „Welche Tore haben wir als Team geschossen?“ oder „Was war positiv in der vergangenen Woche?“ So unterstützt du deine Mitarbeitenden, ihre Wahrnehmung auf Positives zu lenken. Äußerst wirkungsvoll ist es auch, im Team Erfolge auf Post-its an eine Wand zu kleben und sie so sichtbar zu machen. Das motiviert für weitere Erfolge. Siehe auch meinen Blogbeitrag „EIN Lob ist für die Katz.

7. Bringe Deine Gedanken zu Papier

Wenn Gedanken immer wieder kommen und dich einfach nicht loslassen, empfehle ich dir, ganz „old-school“ zu Papier und Stift zu greifen und sie aufzuschreiben – ohne Anspruch auf eine Lösung. Einmal zu Papier gebracht, kannst du dich auf das Hier und Jetzt konzentrieren. Lege am besten ein kleines Notizbuch an, das du schnell zur Hand nehmen kannst. So kannst du dir deine Gedanken buchstäblich von der Seele schreiben. Das Notieren kann auch dazu beitragen, den eigenen beruflichen Weg in die richtige Richtung zu lenken. Erfolgreiche Persönlichkeiten schwören auf die Effekte des regelmäßigen handschriftlichen Schreibens.

Auch wenn es aktuell schwerer fällt als zu anderen Zeiten: Indem du den Fokus auf positive Emotionen legst, erweitern diese dein Denkvermögen und in Folge auch deine Emotionen. Denn Freude, Zufriedenheit und Interesse motivieren uns und spornen uns automatisch zu weiteren positiven Erlebnissen an.

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