Mehr Zeit zum Führen oder die Wiederentdeckung der Langsamkeit

Kürzlich berichtete mir eine Führungskraft im Seminar von ihrem Tagesablauf. Perplex stand ich im Seminarraum und fragte „Wie schaffen Sie das alles?“ – Die Antwort war: „Gar nicht!“ Entschuldigung, aber da läuft etwas gewaltig schief. Oder geht es Ihnen etwa auch so im Tagesgeschäft?

Ein Leben ohne ewiges Hamsterrad, ohne Trennung zwischen Work und Life mit Qualität statt Quantität: Dieses Thema treibt viele meiner Kunden derzeit bei mehr als vollen Auftragsbüchern um. Denn sie fühlen sich alle getrieben. Produktivitätsprobleme sind heutzutage weitaus komplexer als die bloße Verwaltung von Zeiteinheiten. Im Zeitalter des Wissensarbeitens sehen wir uns mit Herausforderungen konfrontiert, die uns am Ende des Tages oft mit Müdigkeit und Unzufriedenheit zurücklassen. Viele Führungskräfte glauben immer noch, dass sie vieles gleichzeitig können und irgendwie hinbekommen. Irgendwie schon… Jedoch stellt sich die Frage nach Effektivität und Nachhaltigkeit. „Ich kann Multi-Tasking“ lautet dann umgehend die Antwort.

Laut Aussage renommierter Hirnforscher wie Gerald Hüther oder Manfred Spitzer geht Multitasking gar nicht. Multitasking ist ein Begriff aus der Computerwelt und bezeichnet die Möglichkeit, mehrere Abläufe gleichzeitig zu bearbeiten. Aber wie kann ein Begriff, der für eine Maschine gilt, auch für einen Menschen gelten? Unser Geist wird zerstreut, wenn er die Aufmerksamkeit auf die vielen bunten Glasperlen dieser Welt lenken muss. Ein ständiges „Rausreißen“ aus dem Alltag wird als Fragmentierung bezeichnet, so der Freiburger Hirnforscher Joachim Bauer. Und das ist der sichere Weg in ein unkonzentriertes Arbeiten, weil sich das Gehirn daran gewöhnt und nicht mehr in der Lage ist, sich auf eine Sache zu konzentrieren. Fragmentierung ist nach Bauer einer der Gründe für Burn-Out.

Hier meine Top-Ten-Tipps aus der Praxis, die ich Ihnen ans Herz lege, damit sie mehr Zeit zum Führen bekommen:

  1. Erstellen Sie eine Not-Do-Liste
  2. Planen Sie unbedingt Zeiten für Bewegung und Zeit für Familie und Freunde
  3. Fragen Sie sich an jedem Morgen „Was ist heute wirklich wichtig?!“
  4. Treffen Sie diese Entscheidungen, und zwar gleich morgens vor Arbeitsbeginn und steuern Sie so Ihre Top Aufgaben des Tages
  5. Planen Sie nur 60 Prozent Ihres Tages ein. Den Rest brauchen Sie unbedingt als Puffer für Ungeplantes.
  6. Fragen Sie sich „Wer sind meine „grauen Herren“ / was sind meine Zeitfresser?“
  7. Führen Sie „Nicht-Stören-Zeiten ein“ und kommunizieren Sie Ihren Mitarbeitern, wann Sie ungestört arbeiten möchten und vor allem warum.
  8. Wenn Sie meinen, keine Zeit für Pausen zu haben, dann führen Sie Mikropausen, kleine 5 Minuten Auszeiten, ein.
  9. Verabschieden Sie sich vom Glauben, dass Sie multitaskingfähig sind.
  10. Nutzen Sie eines der wichtigsten Aufgaben-Organisationstools für Führungskräfte – die Eisenhower-Matrix (nach D. Eisenhower – ehem. Army General und Präsident der USA)
Kategorien
Beispiele
Do first – ist dringend und wichtig. Muss ich selbst machen
knappe Projekte, Unvorhergesehenes, dringende Sitzungen, Krisengespräche

 

Schedule – ist wichtig und nicht dringend.Muss ich aber selbst machen
Arbeit an Zielen, Weiterbildung

 

Delegate – ist dringend und nicht wichtig. Kann ich delegieren
Kleine Probleme der Mitarbeiter, irrelevante Besprechungen, unnötige Unterbrechungen

 

Don‘t do – ist weder dringend noch wichtig. Bearbeite ich nicht.
Internet surfen, Computer spielen, Recherchen

 

Sie können Ihre Aufgaben z.B. morgens kurz in eine Matrix bringen. Beispiele hierzu gibt es genügend im Internet unter dem Begriff-Eisenhower-Matrix.

Bewahren Sie Ihr Feuer und planen Sie immer auch Zeit ein, um aufzutanken. Egal bei was. Sie und Ihre Mitarbeiter sind es wert!