1. Gerade in den Zeiten von Corona scheint es, als ob in der Führungsarbeit Organisationsthemen wie Agilität oder Digitalisierung ein wenig in den Hintergrund und dafür menschliche Themen in den Vordergrund rücken. Wie erlebst du das in deiner Arbeit und an was liegt das deiner Meinung nach?
Mitarbeitende bewerten ihre Zufriedenheit vermehrt durch Soft Facts wie Wertschätzung und Anerkennung, persönliche Gestaltungsmöglichkeiten und ein positives soziales Miteinander.
Ich denke, Menschen benötigen Orientierung und Werte, die sie als wichtig erachten und die ihnen vorgelebt werden. Eine sinnhafte Erfüllung der eigenen Tätigkeit, die Lebensqualität vermitteln kann. Daher ist es verständlich und sinnvoll, menschliche Themen in den Vordergrund zu stellen.
2. Achtsamkeit, Mindful Leadership, Stressbewältigung. Auf der einen Seite sind die Begriffe bedauerlicherweise zu Buzzwords in der Managementlandschaft geworden, auf der anderen Seite „schreien“ Führungskräfte in den letzten anderthalb Jahren geradezu danach. Was ist die Ursache hierfür?
Die Beweggründe sind meiner Meinung nach eine zunehmende Dynamik und Geschwindigkeit im Arbeitsleben, eine digitale Überflutung und damit eine ständige Erreichbarkeit. Weitere Gründe sind die Forderung nach Veränderungsbereitschaft, ein Verlust der Sinnhaftigkeit und andere Mängel in der täglichen erlebten Führungspraxis durch Vorgesetzte. Natürlich sind persönliche Unsicherheiten, ausgelöst durch die jetzige Pandemiesituation, auch anzuführen. Die Ursachen sind vielfältig und es lohnt sich, in den Betrieben genau hinzusehen, welche Bedürfnisse die einzelnen Mitarbeitenden haben.
3. Wie lassen sich Themen wie Achtsamkeit in den Berufsalltag oder in das Leben integrieren?
Die Möglichkeiten sind vielfältig: Am wichtigsten ist es meiner Ansicht nach, eine persönliche, positive Einstellung zu diesem Thema zu haben und den Wunsch nach Achtsamkeit auch in das eigene (Berufs)-Leben einzuladen. Fragen wie „Was gibt Ihnen Energie und Motivation?“ „Wo erleben Sie Erfüllung?“, „Wo können Sie sich einbringen und erleben damit Selbstwirksamkeit?“ sind schon Teile der Achtsamkeit. Es geht darum, einen Gegenpol zu schaffen zur Schnelligkeit des Alltags und eine Balance zur vielleicht erlebten Überforderung herzustellen, indem Interessenten durch Achtsamkeitstraining lernen, den jetzigen Moment ganz bewusst wahrzunehmen.
Folgende kleine Impulse unterstützen dabei, ein neues Mindset zu etablieren. Sorgen Sie für einen gelungenen Start in den Tag. Planen Sie bewusst Zeit für Entspannung und Entschleunigung, Legen Sie kurze Pausen ein und überlegen Sie sich, wie sie diese bewusst gestalten. Geben Sie Ihrer Gedankenwelt Gelegenheit, zur Ruhe zu kommen. Gelingt es Ihnen, dass auch für diese Themen Platz sein darf, schaffen Sie Ausgleich und Harmonie – und beides ist für Erfolg unabdingbar.
4. Wie schaffen es Führungskräfte, die nicht so sehr den Zugang zu Meditation und Achtsamkeit haben, dennoch ihr Stresslevel dauerhaft und konsequent im Griff zu halten?
Stress ist das Erleben der persönlichen Überforderung, wobei die eigenen Ressourcen nicht ausreichen, das Erlebte zu bewältigen. Ich denke jeder Mensch spürt, wenn sein Energielevel sinkt und dann geht es darum zu schauen, wie man sich selbst wieder regenerieren kann. Was tankt Sie bildlich gesprochen wieder auf und setzt dem Stress etwas entgegen? Nach Anspannung sollte im Sinne des Ausgleichs immer Entspannung folgen. Was macht Ihnen Freude? Wie können Sie sich entspannen?
Achten Sie auf Sport, eine ausgewogene Ernährung, ein gutes soziales Umfeld, Ihre Arbeitssituation usw. Letztendlich geht es darum sich selbst gut zu kennen und zu reagieren und für sich selbst einzustehen und zu wissen, was man will und was man nicht will.
Vermeiden Sie, wenn möglich, Multitasking und leben Sie bewusster. Nehmen Sie Ihre Gefühle und Gedanken bewusst wahr und reduzieren Sie unnötigen Stress durch Planung und Akzeptanz der Gegebenheiten. Manche Dinge im Leben lassen sich auch ruhiger und gelassener angehen.
Für Unternehmen ist es sehr sinnvoll, die Themen Werte, Führungskultur und Zufriedenheit der Mitarbeitenden im Blick zu haben und diese zu fördern, auch in Einzelcoachings.
5. Welchen Rat für die Zukunft würdest du Führungskräften mit auf den Weg geben?
Achtsamkeit oder auch Selbstfürsorge sind Schlüsselerlebnisse für uns alle.
Es ist lohnend, sich damit zu beschäftigen, denn sie beinhalten sehr viele unterschiedliche Aspekte und können uns helfen, zufriedener zu sein und mehr Lebensqualität zu erlangen.
Mein Rat ist: Kümmern Sie sich gut um sich selbst, üben Sie Selbstreflexion und Selbstfürsorge und schauen Sie auch auf die Bedürfnisse Ihrer Mitarbeitenden.
Über Susanne Friede
Susanne ist Beraterin, Coach und LINC PERSONALITY PROFILER und hilft Privatpersonen und Führungskräften ein (Berufs-)Leben in Bewusstheit und ohne Stress zu führen.
- Weitere Infos unter https://susanne-friede.de/