5 Fragen an Silke Masurat

1. Was konkret können mittelständische Unternehmen tun, um als Arbeitgeber attraktiver für Mitarbeiter und Bewerber zu werden?

Beim Werben um die besten Köpfe braucht es natürlich auch Werbung – das heißt hier gelten die üblichen Regeln. Unternehmen müssen ihre Stärken nach außen sichtbar machen und sie müssen im Angebot attraktiv sein. Wichtig ist, die Versprechen auch zu halten, die sie im Marketing geben. In diesen Feldern des Employer Brandings – im Angebot und in der Vermarktung desselben – sind Großunternehmen finanziell und professionell meist besser aufgestellt als der Mittelstand. 

Die große Chance des Mittelstands ist es, sich auf seine Werte und Stärken zu konzentrieren. Wir haben als wichtigste Faktoren für Arbeitgeberattraktivität und übrigens gleichzeitig auch für die Leistungsfähigkeit eines Unternehmens vor allem folgende sechs Felder identifiziert: Führung, persönliche Entwicklung, internes Unternehmertum, Familienorientierung, Kultur und Kommunikation sowie Motivation und Dynamik. Es geht vor allem um das Miteinander und den Menschen, um Vertrauen, Mitsprache, Freiraum, Flexibilität, Identifikation und um Anerkennung. Hierfür braucht es in erster Linie kein großes Angebot an top modernen Benefits.


2. Was macht ein TOP-JOB-Unternehmen aus? Gibt es unter den TOP-JOB-Unternehmen gemeinsame Erfolgsfaktoren?

Sie sind in all‘ diesen sechs Bereichen stark und schaffen so eine gleichermaßen leistungsstarke wie gesunde Arbeitsplatzkultur. 

Bei den TOP JOB-Unternehmen ist Arbeitgeberattraktivität Chefsache und in der Unternehmens-DNA verankert. Das braucht es auch, denn potenzielle Störfaktoren gibt es hinreichend: ein schwächelnder Absatzmarkt aber auch „zu viele“ Aufträge, Umstrukturierungen, personelle Veränderungen in zentralen Positionen, Generationenwechsel… die Reihe ist lang. Um sich treu zu bleiben gibt es viele gute Gründe. Zum Beispiel wird, wenn in einer Krise der Fokus verrutscht, Arbeitgeberattraktivität als Lippenbekenntnis entlarvt. Das zerstört Vertrauen. Und Arbeitgeberattraktivität wie wir sie bei TOP JOB fördern und auszeichnen, macht Unternehmen auch leistungsstark – sie haben in der Regel um 12 Prozent höhere Innovationsraten und eine um 12 Prozent höhere Unternehmensleistung. Und sie meistern Krisen und Veränderungen in der Regel deutlich besser.


3. Auf was muss sich der Mittelstand in einer Welt der Globalisierung, Flexibilisierung und Digitalisierung Ihrer Meinung nach künftig einstellen?

Diese Trends führen zu einer enormen Beschleunigung. Unternehmen müssen dramatisch viel schneller reagieren, innovieren und sich anpassen. Das bringt eine neue Form des Wettbewerbs mit sich – einen Geschwindigkeitswettbewerb. 

Unsere aktuelle TOP JOB-Trendstudie „Speed“ zeigt, dass jene Unternehmen am leistungsstärksten sind, die sowohl ein hohes Innovationstempo erreichen als auch hinsichtlich der Umsetzungsgeschwindigkeit viele PS auf die Straße bringen, also Unternehmen, die schnell Entscheidungen umsetzen und Ergebnisse sehr effizient erzielen. Bislang konnten Unternehmen sehr erfolgreich sein, wenn sie sich auf eine von beiden „Stärken“ fokussierten. Heute gilt es, beide „Speed-Typen“ zu kombinieren, was eine große Herausforderung ist. Sie anzupacken lohnt sich jedoch, denn es sind künftig nicht mehr die Großen, die die Kleinen überholen, sondern es sind die Schnellen, die das Rennen gewinnen. Das könnte eine Chance für den veränderungsbereiten Mittelstand sein.


4. Auf was müssen Unternehmer künftig achten, wenn es um Menschenführung geht?

Die neuen Arbeitsformen und die Haltung der jungen Generation fordert zwingend eine anderes Führungsverständnis und eine andere Art der Führung: Die Führungskraft steht nicht länger allein im Zentrum, sondern vielmehr ein Kollektiv an Führung, nämlich ein Verbund aus Führungskraft gemeinsam mit ihrem Team oder ihrer Projektgruppe. Auch Netzwerke rücken in den Vordergrund. Damit geben Führungskräfte einen Teil der Verantwortung an das Team ab, beziehungsweise teilen sie. 

Statt der alleinig anleitenden Rolle rückt bei der modernen Führung eine motivierende Vision in den Vordergrund, wodurch die Mitarbeitenden die Sinnhaftigkeit und das Warum in ihrer Arbeit erkennen. Hierbei stehen die emotionale Komponente und die Individualität im Vordergrund. Dieses neue Rollenverständnis fordert Führungskräften eine Menge an Veränderungsbereitschaft und Lernfähigkeit ab und muss von der Kultur des gesamten Unternehmens getragen und umfassend gefördert werden. 


5. Welche Rolle spielt Ethik künftig in Unternehmen und vielleicht gerade im Mittelstand? 

Werteorientierte Unternehmensführung ist im Mittelstand traditionell verankert – in vielen Unternehmen und insbesondere in vielen Familienunternehmen ist sie eine Selbstverständlichkeit. Was weithin noch fehlt ist die institutionelle Verankerung über dieses Selbstverständnis hinaus. Wir sprachen bereits von der Bedeutung von Sinnhaftigkeit in der Führung. Das ist ein langer Lernprozess und vom Vermögen vieler Einzelpersonen abhängig. Wer ein Unternehmen durchgängig werteorientiert führen möchte, braucht Strategien und Instrumente, zum Beispiel in den Bereichen Umweltschutz, gesellschaftliche Verantwortung, Personalwirtschaft, Produktverantwortung und anderes mehr.

Werte sind zudem auch ein wichtiger Recruitingfaktor geworden: Verstärkt junge Menschen wünschen sich Sinnhaftigkeit im Job und fordern gesellschaftsverantwortliches Handeln von ihren Arbeitgebern. Daher werden die Personalstrategen, die Manager im Personalmarketing und die Employer-Branding-Manager den möglichen Wandel beschleunigen. 


Über meine Gesprächspartnerin
Silke Masurat ist Geschäftsführerin der zeag GmbH – Zentrum für Arbeitgeberattraktivität. Sie leitet das Projekt TOP JOB zur Steigerung von Arbeitgeberattraktivität und ist Initiatorin und Projektleiterin von Ethics in Business – der Werteallianz des Mittelstands. Mit diesen, speziell auf den Mittelstand ausgerichteten Projekten möchte das Unternehmen einen Beitrag zu einer sich stetig verbessernden Arbeitswelt leisten. Dafür analysiert und prämiert es die Arbeitgeberattraktivität der teilnehmenden Unternehmen und unterstützt sie in ihrer Entwicklung.
Weitere Infos unter www.topjob.de und www.ethics-in-business.com