5 Fragen an Dr. Oliver Haas

1. Herr Dr. Haas, was verbirgt sich hinter dem Begriff der positiven Psychologie?

Die positive Psychologie beschäftigt sich mit den Potenzialen, die jemand hat. Der ehemalige Präsident der amerikanischen Psychologen, Martin Seligmann hat mal gesagt „die Psychologie beschäftigt sich eigentlich viel zu sehr mit den Krankheiten, wie man Menschen auf einer Skala von -5 wieder auf 0 bringt. Womit wir uns viel zu wenig beschäftigen ist, uns darüber zu unterhalten, wie man sie von +3 auf +7 bringt. Dabei geht es um die Themen Wertschätzung, Dankbarkeit, Sinnorientierung, Stärkenorientierung – alles auf neurobiologischer Basis. An einem kleinen Beispiel dargestellt: Bei vielen Führungskräften korreliert Erfolg mit Stress. Normalerweise ist es so, wenn man mehr Verantwortung hat, hat man mehr Stress. Die positive Psychologie würde sich nicht für den Durchschnitt interessieren, sondern dafür, dass es Manager gibt, die ebenfalls erfolgreich sind und keinen Stress verspüren und sich fragen „Was machen sie anders?“. Das ist genau der Blickpunkt, mit dem sich positive Psychologie beschäftigt. Sie stellt andere Fragen.


2. Wie wirkt sich Corporate Happiness® auf ein Unternehmen aus? Wie profitieren Unternehmen von dem Ansatz?

Es geht um das Thema Wachstum, und zwar um eine neue Qualität des Wachstums. Ich komme ursprünglich aus einem ganz anderen Bereich, aus dem Bereich Finanzen und Controlling. Wir haben uns damals auch um das Thema Wachstum gekümmert, aber wir haben versucht, Wachstum zu sichern, und zwar mit Hilfe von Zahlen, Daten und Fakten. Wo läuft es schlechter als geplant? Dann muss mit den Abteilungsleitern gesprochen werden. Heute überlege ich mir wie man Wachstum fördert. Das ist etwas ganz anderes. Und zwar das Wachstum eines Unternehmens zu fördern, indem man persönliches Wachstum fördert. Wenn man Menschen die Möglichkeit gibt, persönlich zu wachsen, dann beflügelt das den Einzelnen und das persönliche Wachstum wirkt sich auch positiv auf das gesamte Unternehmen aus. Am Beispiel der Hotelkette Upstalbooms zeige ich auf, wie Unternehmen davon profitieren können. Ihr Erfolgsweg sieht in betriebswirtschaftlichen Zahlen folgendermaßen aus: Mitarbeiterzufriedenheit stieg um 80% , Krankheitsquote von 8 Prozent auf unter 3 Prozent reduziert, Verfünffachung der qualifizierten Bewerberinnen und Bewerber, halbierte Fluktuation, Umsatz verdoppelt bei geringeren Kosten.
Allerdings sollte sich kein Unternehmen mit dem alleinigen Blick auf die Zahlen um das Thema Corporate Happiness® kümmern. Denn die Mitarbeitenden werden mitbekommen, dass die Beschäftigung mit dem Thema nur Mittel zum Zweck ist. Es geht wieder nicht um sie selbst. In der Folge werden sie nicht mitmachen. Bodo Janssen von Upstalbooms hat damals diesen Ansatz gewählt, da ihm seine Mitarbeitenden am Herzen lagen, deshalb ist der Wandel geglückt. Mit dieser Haltung ist dann das Nebenprodukt einer solchen Kultur sehr erstaunliche betriebswirtschaftliche Gewinne.


3. Wie lernen die Menschen in Unternehmen, inbesondere Unternehmer und Führungskräfte, die positive Psychologie?

Man kann nur lernen, wenn man freiwillig interessiert ist. Wir wenden uns ausschließlich an Interessierte. Wir coachen nicht von vorneherein Führungskräfte oder Arbeitsgruppen. Wir fragen in den Unternehmen „Wer hat denn Lust an dem Thema mitzuarbeiten?“. Diese Gruppen bilden wir zu Corporate Happiness® Botschaftern aus.
Es geht darum, dass sie persönliche Erfahrungen mit positiver Psychologie machen und auch Erfahrungen in der Gruppe.


4. Sie bilden Corporate Happiness® Botschafter aus? Wer in einem Unternehmen kann diese Funktion übernehmen? Was ist die Aufgabe dieser Menschen? Was können sie bewirken?

Wir bieten den Mitarbeitern ein 12-monatiges Programm an, das die Themen Persönlichkeitsentwicklung, Emotionen, Energiemanagement und Partnerschaft beinhaltet.
In dem Jahr beginnen alle Themen bei den Mitarbeitenden persönlich: my happiness. Dann kommt job happiness am Arbeitsplatz des Mitarbeitenden. Gibt es ein Leitbild? Kann ich mich da einbringen? Gelingt mir das?
Workplace happiness: Inspirieren und Ermutigen der Leute als Botschafter. Unsere didaktische Methodik ist das „blended learning“ mit Workshops für die Teilnehmer auf unseren Plattformen. Neben den hochemotionalen Workshops können die Mitarbeiter während der 12 Monate andauernd zeit- und ortsunabhängig an den Themen arbeiten. Das bietet sich insbesondere für Unternehmen an, deren Mitarbeitende an mehreren Standorten sind.
In größeren Organisationen bilden wir auch Trainer aus. Diese sind dann in der Lage, in ihren Unternehmen selbst Corporate Happiness® Botschafter auszubilden. Unsere Erfahrung ist, dass man ungefähr 10 Prozent solch engagierter Mitarbeitenden in einem Unternehmen braucht, damit sich die Kultur sehr entwickelt. Jeder kann die Funktion des Botschafters übernehmen. Die Aufgaben sind bewusst nicht starr vorgegeben. Die Teilnehmer erklären sich bereit, an der Ausbildung teilzunehmen und sich bei dem Thema Corporate Happiness einzubringen. Ihnen wird nicht vorgegeben z. B. einen „Tag der Wertschätzung“ einzuführen, sondern sie sollen sich selbst in ihren Abteilungen umsehen, welche Aktionen oder Maßnahmen angebracht sind. Wie sie das machen, ist ihnen überlassen. Die Personalabteilung schaut lediglich, ob die Botschafter aktiv sind: Machen sie Workshops? Entwickeln sie sich weiter? Sind sie Vertrauenspersonen für die anderen Mitarbeitenden? Wichtig dabei ist, dass wir nichts vorgeben möchten, sondern dass sich die Botschafter selbst ihre Aufgaben heraussuchen. Und das klappt auch sehr gut.


5. Wie verändert Corporate Happiness® die Unternehmenskultur?

Wir sind Impulsgeber, denn wir vermitteln keine Lösungen, denn wir sind überzeugt, dass es viel hilfreicher ist, Mitarbeiter zu qualifizieren. Wir sind wie ein guter Arzt, der sich darum kümmert, dass die Selbstheilungskräfte im Körper wieder aktiviert werden. Und diese Selbstheilungskräfte in Unternehmen sind nun mal die Mitarbeiter, die diesen Spirit haben. Diese Menschen versuchen wir stark zu machen, damit sie die Werkzeuge dafür haben, um in den Unternehmen Veränderungen anzustoßen. Ich würde sagen, dass es keine Kulturveränderung von unten, sondern vielmehr quer zur Unternehmensstruktur ist.

Über meinen Gesprächspartner
Dr. Oliver Haas ist Trainer und Speaker und Geschäftsführer der Corporate Happiness® GmbH in München. Er verfügt über langjährige Erfahrung als Geschäftsführer und Berater im Bereich Finanzen und Controlling. Fünf Jahre hatte er eine Professur an der Hochschule für angewandtes Management in Erding inne. Dort ist er erstmals mit der positiven Psycholologie in Berührung gekommen. Mit der Erkenntnis, dass Betriebe langfristig erfolgreich sind, wenn deren Mitarbeitende einen Sinn in ihrer Arbeit sehen, ihre Potenziale entfalten und ihre Stärken einbringen, hat er Corporate Happiness® gegründet, um Unternehmen bei dem Kulturwandel zu unterstützen.
Weitere Informationen unter www.corporate-happiness.de bzw. www.dr-oliver-haas.de