Mit Fehlern umgehen – Blame Culture war gestern

Mal ehrlich, wie gehst Du mit eigenen Fehlern oder denen Deiner Mitarbeitenden um?
Ich höre regelmäßig Unternehmen über ihre positive Fehlerkultur sprechen. Sie wird in etlichen Leitbildern zitiert. Aber was ist eigentlich eine positive Fehlerkultur? Dass niemandem nach einem begangenen Fehler sprichwörtlich der Kopf abgerissen wird, und wir uns alle wieder lieb haben? Ich verstehe unter positiver Fehlerkultur, dass wir herausfinden, wie wir es als Team schaffen, dass uns ein begangener Fehler nicht noch einmal unterläuft. Denn ein Fehler ist häufig Bestandteil einer Fehlerkette.

Aus meiner 15-jährigen Führungserfahrung habe ich zwei wesentliche Dinge gelernt:

  • Wir dürfen nicht vordergründig fragen, WER den Fehler gemacht hat.

Denn das würde uns grundlegend auf eine falsche Fährte führen, und zwar auf die Suche nach einem oder einer „Schuldigen“. Wenn der Fehler nicht fahrlässig gemacht wurde, dann geht es nicht um das WER, sondern vielmehr darum, sicherzustellen, wie ein Fehler abgestellt werden kann und vielleicht noch, was die Ursache für den Fehler war. Häufig ist diese eine Schwäche im System!

Hand aufs Herz: Wenn Du weißt, wer den Fehler gemacht hat, weißt Du dann, wie Du den Prozess sicherer oder besser machst? Natürlich ist es wichtig, Menschen in ihrer Kompetenz zu entwickeln, damit sie aus ihren Fehlern lernen. Genauso wichtig ist es aber, mögliche Fehlerquellen zu minimieren.

  • Wir müssen verstehen, WARUM der Fehler passiert ist oder noch besser, WIE er sich künftig vermeiden lässt.

Ich habe jahrelang in einem Logistikunternehmen für die Automobilzuliefer-Industrie gearbeitet und wir mussten eine Null-Fehler-Strategie verfolgen. Im Ergebnis wurde mit „aller Gewalt“ versucht, Fehler zu verhindern oder gar herunterzuspielen, denn für manche der Werksleiter waren damit Bonuszahlungen verbunden.

Ich vertrete die Auffassung, dass Menschen, die keine Fehler machen, nicht innovativ sein können – schon gar nicht im Team. Um Nachhaltigkeit in die Führungskräfte-Entwicklung zu bringen, habe ich das Format der Peergroup entwickelt. Hier treffen sich Führungskräfte unabhängig von Trainings und Coachings „unter sich“ und besprechen ausschließlich Führungsthemen. Wir arbeiten darin mit Reflexionsfragen, damit sich alle gemeinsam weiterentwickeln und von den Erfahrungen der anderen profitieren. Eine der Reflexionsfragen lautet

  • Welchen von mir begangenen Fehler möchte ich mit Euch teilen, und welche Erfahrungen habe ich gemacht, damit Ihr diese nicht machen müsst?


So berichtete ein Teilnehmender in seiner Peergroup, dass er sich aus Effizienzgründen dazu entschieden hatte, vier Mitarbeiterjahresgespräche pro Tag zu führen. Ziemlich bald merkte er, dass er sich vollkommen übernommen hatte. Er fühlte sich gehetzt und konnte die einzelnen Gespräche nicht in der Weise nachbereiten, wie er es gerne getan hätte. Seit diesem Erlebnis weiß er, dass er lieber nur zwei Mitarbeitergespräche pro Tag führt, die er gut vor- und nachbereiten kann, als unter Zeitdruck leicht fahrig durch vier Gespräche „zu galoppieren“. Für alle anderen Führungskräfte waren die Ausführungen wertvoll, denn seine Erfahrung konnten sie mit in ihre Überlegungen einfließen lassen, ohne denselben Fehler auch machen zu müssen.

Fehler sind für die Entwicklung auf dem Weg zur Führungspersönlichkeit wichtig, denn sie helfen uns dabei, besser zu werden. Der Austausch mit anderen Führungskräften ist wertvoll und Teil einer konstruktiven Blame Culture oder positiven Gain Culture. Probiere es aus! Nimm gemachte Fehler zum Anlass, besser zu werden und teile Deine Erfahrung mit Deinem Umfeld.

Wie gehst Du mit Fehlern um? Ich freue mich, von Dir zu lernen.

Dein Mario

PS: Ach übrigens, wenn Du die Buchstaben des Wortes „Fehler“ in eine andere Reihenfolge bringst, dann entsteht das Wort Helfer. ?

Photo by Elisa Ventur on Unsplash