5 Fragen an Martin Eigentler

Im Februar diesen Jahres hatte ich die Gelegenheit, drei Tage auf der Husky-Ranch von Martin Eigentler in Angerberg in den Kitzbüheler Alpen zu verbringen. In dieser kurzen Zeit habe ich viel über die Hunde, das Führungsverhalten im Rudel, das sich gar nicht so sehr von dem menschlichen Verhalten unterscheidet, und über mich gelernt. Auf Martin Eigentler bin ich durch die Gemeinschaftsproduktion von Arte, ZDF, BR und SWR „Die Alpen von oben – Vom Isartal ins Inntal“ aufmerksam geworden. Die Sendung wurde 2013 erstmalig ausgestrahlt, und ich war sofort begeistert, da ich schon damals sehr viele Parallelen zu meiner Arbeit als Führungstrainer feststellen konnte. Der 39-jährige Österreicher ist mittlerweile durch verschiedene Beiträge in den Medien bekannt, und seine Kulisse wird für Fotoshootings, u.a. für Jack Wolfskin und Dreharbeiten für Red Bull, gebucht. Spannend sind die Parallelen zwischen Hunderudel und Mitarbeiterteams und Führungspersönlichkeiten in Unternehmen. Lesen Sie selbst.

1. Was können Führungskräfte von den Hunden lernen?
Sie können lernen authentisch zu sein und geradlinige Entscheidungen zu treffen. Wenn man sich anschaut in welchem Stil ein Hunderudel geführt wird und funktioniert, stellt man fest, dass es beispielsweise keine Seilschaften gibt. In einem Hunderudel wäre es undenkbar, dass der Sohn vom Chef das Unternehmen übernimmt und führt, obwohl er eine „Pflaume“ ist. Im Hunderudel wird keine „Pflaume“ Nachfolger vom Rudelchef. Das Rudel entscheidet wer die Nachfolge antritt. Dabei wird immer derjenige Nachfolger, der auch über Führungsqualitäten verfügt. Das lässt sich sehr gut beobachten. Es gibt nur wenige Tiere, die Verantwortung übernehmen wollen. Das Rudel entscheidet dann wer Chef wird. Manche Tiere haben die Führungsqualitäten in den Genen und verfügen über Talente, ein Rudel anzuführen. Das ist wie bei den Menschen mit den unterschiedlichen Charaktereigenschaften und Stärken.

2. In der Arbeitswelt spricht man häufig vom Alphatier als Rudelführer. Wie unterscheidet sich das Alphatier bei den Hunden mit dem draußen in der Wirtschaft?
Es gibt immer zwei Alphatiere, das männliche und das weibliche. Das heißt jedoch nicht, dass sie alle Entscheidungen alleine treffen, auch die anderen Hunde dürfen Entscheidungen treffen.
Der Rudelführer ist der Kümmerer. Er strahlt Sicherheit im Rudel aus, behält das Geschehen im Auge und trifft Entscheidungen. Der mental stärkste und cleverste Hund im Rudel ist der Leithund. Er übernimmt die Führung des Rudels bei Schlittenausfahrten. Überträgt man die Positionen des Rudelführers und des Leithundes auf ein Unternehmen, so entspricht der Rudelführer der Position eines Geschäftsführers oder Inhabers, die Position des Leithundes entspricht einer Führungskraft.
Wenn ich mit meinen Hunden mit dem Schlitten fahre, ist die Hierarchie allerdings egal. Dann lege ich als Trainer die Zusammenstellung fest.

3. Wie kann das Führungsverhalten der Hunde auf die Arbeitswelt übertragen werden?
Wie gehen Sie mit den unterschiedlichen Talenten der Hunde um?
Ich fördere die Talente jedes einzelnen Hundes, dann geht es den Hunden am besten. Denn dann macht jeder das, was er macht, sehr gut. So muss ich keinen maßregeln und ihm klar machen, was er nicht so gut kann. Ich denke, das wäre für die Tiere deprimierend. Ich schaue mir die Hunde genau an und kenne ihre Stärken und Schwächen und versuche mehr, die Stärken zu fördern als die Schwächen zu verbessern. Es sind einfach nicht alle Hunde als Leithunde geeignet. Wenn beispielsweise ein Hund nicht so starke Nerven hat, kann man mit ihm noch so viel trainieren. Er wird niemals ein Leithund werden. Mein Hund Chilko ist beispielsweise eine Frohnatur. Er genießt das Leben im Rudel und möchte keine Verantwortung. Der wäre total überfordert in der Position des Rudelführers. Bei den Hunden ist es zum Glück so, dass sie mit dem, was sie gut können, auch zufrieden sind. Das ist ein klarer Vorteil. Ich kümmere mich um die Hunde und bin für sie da. Ich gebe Ihnen viel Sicherheit, und dementsprechend haben sie viel Vertrauen zu mir und auch zu den Menschen, die hierher kommen. Denn sie wissen, solange ich da bin, ist alles gut. Sicherheit ist mitunter das Wichtigste für den Hund. Sobald er sich sicher fühlt und das Gefühl hat, dass er ein wichtiger Teil des Rudels ist, ist er zufrieden. Dann erst beginnt die richtige Arbeit, nämlich das Zusammenarbeiten.

4. Sie bieten auch Führungskräftetrainings an. Was genau sind die Inhalte und warum soll eine Führungskraft den Weg auf die Husky-Ranch machen?
Das Führungskräftetraining mit Huskies ist eine gute Mischung aus Abenteuer, Grenzerfahrung und Reflexion. Man merkt sehr schnell wie eine Hierarchie funktioniert und wann sie erfolgreich ist. Denn möglicherweise hat man in der Firma ähnliche Strukturen und kann die neue Erfahrung dann gut übertragen. Zu Beginn eines Trainings kommen die Führungskräfte erst zu mir, und ich erkläre ihnen viel über die die Huskies und das Rudelverhalten, wie es sich aufbaut und wie es funktioniert, z.B. dass der Rudelchef nicht unbedingt der Leithund am Schlitten sein muss. Dass es auch immer eine Rudelchefin gibt. Im Anschluss gehen die Teilnehmer mit einem Führungstrainer in Workshops, wo über das Erlebte gesprochen wird und Rückschlüsse zur eigenen Führungsarbeit gezogen werden.
Ich habe auch eine Power-Point Präsentation, in der ich jeden Hund mit seinen Charaktereigenschaften beschreibe. Da fängt es bei den Teilnehmern im Nachgang oft zu rattern an. Denn es ist lustig zu sehen, dass es im Team eben auch unterschiedliche Charaktere gibt und vor allem wie wichtig es ist, sich über die verschiedenen Persönlichkeiten eines Teams Gedanken zu machen. Das ist vielleicht für einige ungewöhnlich zu sehen, dass ein Hunderudel ähnlich funktioniert wie ein Team im Unternehmen. Die Huskies sind den Menschen einfach sehr ähnlich.

5. Sie sind seit über 17 Jahren mit Hunden zusammen. Wie kam es zu diesem Entschluss?
Bereits mit 19 Jahren war ich selbständig mit einem Geschäft für Geschenkartikel, danach war ich Filialleiter bei einem großen Tiernahrungshändler. Beides erfüllte mich nicht wirklich. Ich mochte schon immer Tiere, insbesondere Hunde. Da kam es, dass ich mir meinen ersten Hund gekauft habe und dann nach und nach immer mehr Hunde dazu kamen. Für die Huskies habe ich mich entschieden, weil sie dem Menschen in ihrem Verhalten sehr ähnlich sind und sehr kluge Tiere sind. Mittlerweile betreibe ich seit 15 Jahren meine Husky-Ranch. Ich habe einige der wenigen Husky-Ranches, in denen die Hunde im Rudel und frei leben. Viele halten ihre Hunde im Zwinger und füttern mit Trockennahrung. Mir ist es wichtig, den Tieren ein möglichst artgerechtes Leben zu ermöglichen.

Weitere Informationen zu Martin Eigentler und seiner Husky-Ranch finden Sie unter www.husky.co.at