Wie Dich eine Auszeit in Stille als Führungskraft weiterbringt 2/2

Vergangenen Woche hatte ich Dir von meinem liebgewordenen Ritual einer mehrtägigen Auszeit im Kloster berichtet, die ich mir seit einigen Jahren fest einplane. Der Ortswechsel, die Stille und die Impulse der Mönche sind für mich jedes Mal wertvoll. In diesem Jahr durfte ich für mich die Erkenntnis „Zeit ist mein Kompass“ mit nach Hause nehmen. Da ich fest davon ausgehe, dass auch Du hin und wieder über Zeitmanagement und mögliche Optimierungspotenziale nachdenkst, möchte ich diesen Gedanken mit Dir teilen.

Ist Dir schon mal aufgefallen, dass der Begriff „Zeitmanagement“ an sich bereits irreführend ist? Denn wenn sich etwas nicht managen lässt, dann ist es die Zeit, die wir zur Verfügung haben. Du, ich, wir alle haben jeden Tag exakt 24 Stunden zur Verfügung. Wir können einzig und allein die Aufgaben managen, die wir in dieser Zeit erledigen möchtest.

Was für den Arbeitstag gilt, gilt auch für Deine Lebenszeit: Egal wie gut Du Dich organisierst und wie früh Du aufstehst, Du wirst in Deinem Leben immer nur einen Bruchteil der unendlich vielen Möglichkeiten umsetzen können.

Was bedeutet das für Dich?

Du hast zwei Möglichkeiten:

  1. Entweder arbeitest Du immer jenseits der Belastungsgrenze „gegen die Zeit“ an, indem Du immer mehr Aufgaben in das enge Zeitkorsett zu zwängen versuchst.
  2. Oder Du akzeptierst die Tatsache der begrenzten Zeit und sagst ja zu den richtigen bzw. für Dich wichtigen Dingen – und damit nein zu ganz vielen anderen.

Ob wir für etwas „Zeit haben“, hat sehr viel damit zu tun, welchen Wert wir etwas geben. Nehme ich mir Zeit für ein Gespräch mit einer oder einem Mitarbeitenden, die berufliche Fortbildung, für Freundinnen und Freunde, die Familie, Sport oder ein Ehrenamt? Für was wir im Laufe eines Tages „Zeit haben“, hat sehr viel mit den eigenen Prioritäten zu tun. Ein „ich habe keine Zeit“ ist in vielen Fällen ein Synonym für „ich möchte mir die Zeit dafür nicht nehmen, weil mir eine andere Sache wichtiger ist“. Tatsache ist, dass Du jeden Tag frei entscheiden kannst, für was Du Dir Zeit nimmst. Einzig die Verantwortung für Dein Handeln musst Du tragen. Deine Zeit als Kompass zeigt Dir ganz genau, was Dir in Deinem Leben (aktuell) wichtig ist.

Mir ist es wichtig, im Job zu gestalten und zu agieren und nicht tagtäglich den aussichtslosen Kampf mit einer stetig wachsenden To-do-Liste aufzunehmen. Deshalb nehme ich mir seit vielen Jahren morgens bewusst Zeit, um mich mental auf den Tag auszurichten. Hier definiere ich, was die wichtigste Aufgabe ist, die ich auf jeden Fall erledigen möchte. Wenn mir das gelingt, gehe ich abends zufrieden nach Hause. Denn Du kennst das: Im Laufe eines Arbeitstages geschieht viel Ungeplantes – ein Meeting dauert länger, kleinere organisatorische Themen kommen auf, ein unvorhergesehenes Mitarbeitergespräch, etc. Und am Abend hat sich die To-Do-Liste kaum verändert. Damit das auf Dauer nicht entmutigt und frustriert, konzentriere ich mich darauf, meine morgens definierte „Tagesaufgabe“ auf jeden Fall zu erledigen. Seitdem ich so priorisiere, fühle ich mich zufriedener und weniger getrieben.

Auch habe ich erkannt, dass ich mir in beruflich ruhigeren Zeiten bewusst gestatten darf, Tempo rauszunehmen und die dadurch gewonnene Zeit für andere Dinge zu nutzen, anstatt nervös in blinden Aktionismus zu verfallen. Indem ich in diesen Phasen der „langsamen Zeit“ darauf vertraue, dass das Business in Kürze wieder Fahrt aufnimmt und das Mehr an Zeit genieße, tanke ich wertvolle Energie und neue Ideen.

Ich lade Dich ein, einen Blick auf Deinen Kompass zu werfen und über Deinen eingeschlagenen Kurs zu reflektieren. Das kann sowohl im beruflichen als auch im privaten Kontext sein:

  • Fühlst Du Dich getrieben und rennst sprichwörtlich hinter Deinem Leben her?
  • Gibt es Aufgaben oder eine Freizeitbeschäftigung, die Dir trotz hohem zeitlichen Einsatz neue Energie und Schaffenskraft geben?
  • Gefällt Dir, was Du siehst, oder braucht es eine kleine Kurskorrektur, damit Du Dich wohler fühlst?

Denn nur wer so gut wie möglich in seiner Zeitbalance ist, kann als Führungskraft erfolgreich und wirksam agieren.