Maximilian Malchiner
1. Konkret auf den Punkt gebracht: Welchen Nutzen liefert ein diagnostisches Profil einer Führungskraft?
Die ersten Fragen, die man sich stellen muss, sind „Was möchte ich wissen?“, „Was möchte ich messen?“ Ich gehe davon aus, dass die meisten Führungskräfte es gewohnt sind, mit Charts und Grafiken zu arbeiten. Wenn die Zahlen nach oben gehen, dann ist man zufrieden. Gehen die Zahlen nach unten, macht sich Unzufriedenheit breit. Zur Bewertung von Mitarbeitenden gibt es keine derartigen Charts. Eine Diagnostik beschleunigt das gegenseitige Kennenlernen und das individuelle Management. Das heißt, ich bekomme Hinweise wie ich einen Menschen individuell führen kann. Ich erhalte nicht nur zu dem Menschen Informationen, sondern auch zu dessen gewünschten Arbeitsumfeld. So kann ich viel über die Werte des Einzelnen erfahren und dadurch viel konkreter wissen, wie ich einen bestimmten Mitarbeitenden motivieren und nachhaltig unterstützen kann, damit er zum Beispiel nicht das Unternehmen verlässt. Das gilt auch für die persönliche Beziehung, um sich besser einschätzen zu können. So können wir uns auf verschiedene Kommunikationsregeln und Managementstile einigen. So weiss ich dann z. B., dass Herr Schmidt einen stärkeren Führungsstil braucht, da er weniger eigeninitiativ ist, wohingegen Frau Müller eine Mitarbeiterin ist, die eine weniger enge Führung braucht, da sie gleich weiss was zu tun ist. Diagnostik ist ein Hilfsmittel, um bestimmte Prozesse zu beschleunigen. Sie schafft Klarheit, Nachhaltigkeit und Transparenz. Die Transparenz funktioniert in beide Richtungen. Nicht nur meine Mitarbeitenden sollen sich offenlegen, sondern auch ich als Führungskraft muss mich offen zeigen. So können wir zusammen unsere Kultur entwickeln.
2. Warum ist Selbsterkenntnis so wichtig für die persönliche Entwicklung?
Im normalen Leben ist es so, dass Menschen ohne Selbsterkenntnis fremdgesteuert werden. Menschen ohne Selbsterkenntnis werden immer anhand von äußeren Einflüssen und Beispielen geleitet. Sie meinen sie müssen sich anpassen, da sie etwas sehen, was ihnen entspricht oder sie meinen so müsse man sein, da das der Erwartungshaltung entspricht. In der Gesellschaft verstellt sich die Mehrheit der Menschen und passt sich an. Das führt zu einem nicht authentischen Auftreten, das eine Diskrepanz schafft, die letztlich krank machen kann. Wenn ich mich authentisch verhalte und ich eine hohe Selbsterkenntnis habe, bin ich meine eigene Energiequelle. Dann kann ich im Flow genau das tun, was mir leicht von der Hand geht. Dann bin ich im Energie-Gewinn-Modus. Menschen, die sich ständig anpassen, sind im ständigen Energie-Verlust-Modus. Selbsterkenntnis schützt die Menschen davor. Das möchten wir erreichen.
3. Wie können mittelständische Unternehmen von diagnostischen Profilen profitieren?
Erst mal muss ein Unternehmen wissen, mit welchem Ziel es die Diagnostik machen möchte. Nur „l’art pour l’art“ macht keinen Sinn. Ich muss wissen welche Themen für mich als Führungskraft in den nächsten sechs bis sieben Monaten strategisch wichtig sind. Möchte ich den Gewinn steigern? Dann müssen wir die Mitarbeitenden unter diesem Aspekt „unter die Lupe nehmen“. Sind sie ergebnisorientiert oder nicht? Da würde ich zum Beispiel die Motivatoren hervorheben. Dann gibt es Menschen, die nicht so durchsetzungsstark sind und die weniger gut mit anderen kommunizieren können. Da würde ich auf das Verhalten schauen oder die Motivatoren und das Verhalten zusammen analysieren. Ab dem mittleren Management würde ich auf jeden Fall ein ganzheitlich umfangreiches Bild – wie beim Arzt – empfehlen. Je tiefer ich gehe, desto sicherer kann ich sein, dass ich keine Fehler bei der Diagnose mache. Denn wir Menschen sind komplexe Wesen. Ich muss den Mensch als Ganzes betrachten. Für die Führungskraft ist es sehr hilfreich, wenn sie von Anfang an für die Mitarbeitenden solche Dinge leistet.
4. Was geben Sie als Unternehmer, Coach und Buchautor Führungskräften mit auf den Weg?
Es ist ganz schön schwer, in Deutschland Manager zu sein. Nach den jahrzehntelangen großen Erfolgen, die die deutsche Wirtschaft gefeiert hat, sehen wir, dass gewisse Probleme bzw Fragen auftauchen können. Und diese Frage lautet derzeit: „Wie können wir uns rechtzeitig und effizient umstellen?“. Dieser Frage müssen sich alle stellen. Hier gibt es sicherlich verschiedene Antworten je Branche, denn die Branchen sind ziemlich unterschiedlich. Meines Erachtens müssen Führungskräfte folgende drei Fähigkeiten besitzen bzw. beibehalten:
- Eine Führungskraft muss authentisch sein.
- Eine Führungskraft muss sich flexibel auf neue Situationen einstellen können. Das ist heutzutage sehr wichtig.
- Eine Führungskraft muss beziehungsfähig sein. Das heßt sie kann Beziehungen aufbauen, pflegen und schätzen. Sie muss verstehen, dass wir alle in einer digitalen Welt miteinander vernetzt sind und kommunizieren. Wichtig ist außerdem, gemeinsam Ziele zu erreichen. Das erfordert eine große Offenheit.
5. In Ihrer Profilbeschreibung auf der Website steht: „Es motiviert mich, wenn ich frei und selbstständig, auf eine von mir selbst kontrollierten Art und Weise arbeiten kann, wobei mein Umfeld harmonisch, ausgeglichen und schön ist“. Für viele Führungskräfte klingt das nach paradiesischen Zuständen, da sie sich meist getrieben und wie in einem Hamsterrad fühlen. Haben Sie einen Tipp, der „Linderung“ bietet?
Nicht für alle ist dieses Umfeld ein attraktives Ziel. Nicht jeder wünscht sich ein harmonisches Umfeld. Jeder muss seine eigenen Werte kennen lernen und schauen was für ihn stimmig ist. Auch bei mir hat es lange gedauert. Ich habe einen langen Weg zurückgelegt bis ich begriffen habe wie ich „ticke“. Wenn ich vor 20 Jahren schon ein Werkzeug gehabt hätte, um schneller an mich selbst heranzukommen, hätte mir das unglaublich viel geholfen. Die Diagnostik ermöglicht, für jeden Mitarbeitenden einen persönlichen Talentsatz zu formulieren. Dieser fällt bei jedem anders aus. Heutzutage ist es noch wichtiger, dass wir jeden Mitarbeitenden individuell bewerten und seinen Stärken entsprechend einsetzen können – und dafür braucht es Informationen.
Über meinen Gesprächspartner
Maximilian Malchiner ist europaweit als Executive Coach, Führungskräftetrainer und Redner tätig. Nach einer Schaupielausbildung änderte er seine berufliche Karriere und baute internationale Medienunternehmen auf, darunter die RTL Gruppe und die Deutsche Telekom. Am renommierten NewU Coach Ltd. Institute in Schottland qualifizierte er sich zum ICF Certified Coach und bei Innermetrix Inc. zum Persönlichkeitsexperten. Malchiner ist ausgewiesener Experte der Persönlichkeitspsychologie und Führungskräfteentwicklung, Geschäftsführer der Innermetrix Deutschland GmbH und Autor des Management-Bestsellers „You Are More!™“.
Weitere Informationen www.innermetrix.de